Mal Nachgedacht: Selbstretten mit Feuerwehrhaltegurt…

Feuerwehrgurt

Nachdem in den letzten Jahren ja so einige “Traditionen” bei der Feuerwehr aus der Mode gekommen sind (Erste Geige als Einsatzkleidung 😉 bzw. doch neue Technologien eingeführt wurden: Überbekleidung, Hohlstrahlrohre, Atemschutzüberwachung, Wärmebildkameras etc..

Ein Relikt hält sich aber bis in die heutige Zeit, leider auch mangels Alternative: Der Feuerwehrgurt !

Früher mal Hakengurt, Breitgurt oder Feuerwehrhaltegurt genannt, gehört er auch heute noch zur erweiterten PSA und wird auch gerne von einigen Ausbildern ohne Diskussion gefordert. Gerade im Atemschutzeinsatz setzt es einen starken Rüffel, falls der Gurt vergessen wurde.

Dabei ist er nun wirklich ein Relikt aus alten Tagen:

Früher (als die Feuerwehrmänner noch Schnauzer hatten 😉 ) führte jeder Feuerwehrmann einen Gurt mit sich, an dem eine Tasche mit einem sogenannten Notnagel befestigt war. Da die Bauweise der Häuser damals überwiegen auf Holz beruhte, konnte der Nagel bei einem abgeschnittenen Rückzugsweg in einen Balken geschlagen werden und mittels “Fangleine” sich abgeseilt werden. Da damals noch Drehleitern kaum oder gar nicht vorhanden waren, ein durchaus legitimes Mittel.

Copyright (c) http://feuerwehrmuseum.atsites.de/
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Heute sieht das jedoch anders aus: Gebäude aus Beton und Stein, kaum Holz, labberigen Heizungsrohren kann man auch nicht das Vertrauen schenken. Dreh- oder Schiebleitern sollten vom Einsatzleiter angefordert werden !

Nur sollte man sich mal vor Augen führen was dieser Gurt denn eigentlich soll und was er denn wirklich kann.

Was er kann:

  • das Beil mitführen
  • andere Personen beim Ab- oder Aufsteigen sichern (immer unter strammer Leine)
  • den Träger in begrenzten Maße vor einem Absturz sichern (Arbeit auf DL, am Geländer etc)
  • den Träger sich abseilen lassen (theoretisch)

Allerdings ist zu bedenken dass für eine erfolgreiche Selbstrettung mit dem Gurt viele Vorraussetzungen stimmen müssen. Ein fiktives Beispiel:

“Ein PA-Trupp ist zum Wohnungsbrand eingesetzt im 3.OG. Plötzlich kommt es zu einer Rauchgasdurchzündung und kurz danach zum Flashover. Eine Drehleiter ist nicht vor Ort.”

Jetzt kann man nur hoffen dass die Schutzkleidung hält oder dass eine Schiebleiter in Anleiterbereitschaft war. Denn mit Abseilen war in der Schnelle der Ereignisse wohl keine Zeit. Und gerade das ist DER Nachteil eines Selbstrettens mit einem Seil:

  • da es sich um ein plötzliches Ereignis handelt, steht wenig/keine Zeit zur Verfügung
  • es wird ein Festpunkt benötigt (woher nehmen ?)
  • die Handhabung muss geübt sein
  • das Seil ist nicht hitzebeständig (man stelle sich vor man hängt am Seil, wenn der Flash-Over kommt)

Der Trupp hat also die Wahl zu springen oder von der Flammenwalze überrollt zu werden, vielleicht noch mit der Mannschutzbrause das Schlimmste zu verhindern.

Zu den Punkten oben gibt es noch zwei Argumente gegen den Gurt:

  • es ist bisher kein Fall bekannt, in dem ein Feuerwehrmann erfolgreich oder erfolglos versucht hat sich selbst zu retten !
  • außerderm wird das Selbstretten wenig oder nie geübt !

In meiner Feuerwehrlaufbahn wurde zwar immer davon gesprochen, aber geübt wurde es mit Verweis auf Verbote der FUK oder aus “Angst” nie. Die wenigsten würden also spontan den eigentlich simplen “Knoten” und die Handhabung hinbekommen.

Ich plädiere also dafür den Gurt auszusondern und lieber auf ein schlüssiges Rettungskonzept von Aussen zu setzen, also Leitern, Leitern, Leitern!

Alternativ kann man auch aus einer Bandschlinge eine Sitzschlinge basteln. Hier schön erklärt von der FF Trappenkamp

Neuerdings gibt es Entwicklungen die zu einem in die Schutzkleidung integrierten oder einem externen Rettungsystem gehen.

Über

Ich bin hier der Webmaster und Autor.

2 Kommentare zu „Mal Nachgedacht: Selbstretten mit Feuerwehrhaltegurt…

  1. Hallo,

    die Selbstrettungsmethode aus Trappenkamp tut mir schon etwas in den Augen weh. Statt des sicheren und geforderten Halbmastwurfs zu benutzen, haben die Kameraden das Seil 3 Mal gedreht und eingehakt. So wie es mal vor Urzeiten mal mit dem Sicherheitsgurt (ohne Multi-Spielzeug-Öse) praktiziert wurde. Das ist nicht unbedingt die Beste Lösung.

    Ansonsten stimme ich dir zu, der Haltegurt hat in der Form ausgedient. Lieber einen Satz gurte auf den Fahrzeugen lagern und situationsbezogen einsetzen als dieses ewige Märchen von wegen nur die AGT kriegen einen, weil sie den brauchen (wo?). Beim Absturzsicherungsseminar habe ich mal testweise die Bandschlinge als Standplatzsicherung ausprobiert. Der Hit war es nicht gerade, weil mein Festpunkt auf Kniehöhe war und das Schlingengebamsel bei der kleinsten Bewegung der Schwerkraft folgte.

    PS: Wir haben uns mal Christian und Martin über Ostern ausgeliehen. Ihr bekommt sie auch heile wieder zurück. 😉

    Gruß aus Göttingen
    Hinnerk

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